“Good Grief” auf Netflix ist der perfekte Film für einen Sad Sunday
Wenn es mir schlecht geht, dann möchte ich entweder eine leichte Comedy oder einen traurigen Film anschauen. Regisseur, Autor und Schauspieler Dan Levy (“Schitts Creek”) hat mir im Januar 2024 den perfekten Film für einen traurigen verregneten Nachmittag gebracht. Der Netflix-Film “Good Grief” erzählt bittersüß und mit ganz viel Liebe die Geschichte von Verlust, Freundschaft und dem Chaos in unserem Leben. Alles, was du über “Good Grief” wissen musst, und ob sich der Netflix-Film lohnt, erfährst du hier.
Darum geht es in “Good Grief” auf Netflix
Es ist Weihnachten (doch keine Sorge, “Good Grief” ist kein Weihnachtsfilm) und der charmante und erfolgreiche Autor Oliver (Luke Evans) veranstalte seine scheinbar jährliche Weihnachtsparty. Sein Mann Marc (Dan Levy), mit dem er seit 15 Jahren verheiratet ist, war Künstler und illustriert jetzt seine Bücher. Doch obwohl Oliver viel Raum einzunehmen scheint, ist das nicht seine Geschichte. Er verabschiedet sich verfrüht von seiner Party, um in Paris im Louvre seine Bücher zu signieren, hinterlässt Marc noch eine Weihnachtskarte – und stirbt nicht einmal dreißig Meter entfernt bei einem Autounfall.
Die Beerdigung beginnt mit einer Rede der Schauspielerin von Olivers Buchverfilmung, die vor allem darüber traurig ist, dass keine weiteren Bücher mehr herauskommen werden. Doch die anderen Reden, vor allem die von Olivers Vater (David Bradley), sind unglaublich berührend.
Ein Jahr geht vorbei, in dem Marc nicht besonders viel tut. Seine beiden Freund:innen Thomas (Himesh Patel), ein Ex-Freund von Marc, der sich nach einer festen Beziehung sehnt, und Sophie (Ruth Negga), die vor einer festen Beziehung mit ihrem Freund flüchtet, sind immer an seiner Seite. Am Todestag von seinem Mann öffnet Marc die Weihnachtskarte, die ihm Oliver kurz vor seinem Tod gegeben hat. Der Inhalt dieser Karte bringt Marc dazu, seine besten Freund:innen nach Paris einzuladen, für ein Wochenende voller Ablenkungen, Spaß und Heilung. Ob es auch dazu kommen wird?
Darum ist “Good Grief” auf Netflix mehr als nur eine queere Dramedy
Ich war positiv überrascht, dass “Good Grief” die Queerness nicht in den Mittelpunkt der Handlung stellt, sondern dass die LGBTQIA+-Themen die Handlung begleiten. Zu oft schaut man Filme über queeres Trauma an – und vergisst dabei, dass Personen der LGBTQIA+-Community auch Menschen sind, die trauern und vermissen. Doch was hätte ich auch anderes von Dan Levy erwarten können, der in “Schitts Creek” eine unglaubliche Mischung an Tiefgründigkeit und Comedic-Effekt in einer der besten queeren Romanzen der TV-Geschichte bringt.
Mehr lesen
Von Ursula Schmied und Hannah Madlener
In “Good Grief” geht es eher um die Drama-Seite der Dramedy, und Comedy passiert eher durch die Charaktere. Alle drei Hauptcharaktere – Marc, Sophie und Thomas – sind in ihren 30ern und haben selbst ein chaotisches Leben voller unterdrückter Gefühle und Geheimnisse. Als die drei dann ein Wochenende in Paris verbringen, kommt natürlich einiges davon an die Oberfläche. Der Film funktioniert deswegen so gut, weil alle Charaktere eine unglaubliche Chemie haben. Oftmals wird in Szenen einfach nur gesprochen – von Action fehlt jede Spur. Doch in einem Film über Trauer möchte ich genau diese Szenen sehen.
Ein großartiger Aspekt an “Good Grief”: An keinem Punkt muss die Story übererklärt werden. Dan Levy vertraut den Zuschauer:innen, dass sie Nuancen verstehen und baut keine detaillierte Montage über die Beziehung von Marc und Oliver oder von der Freundschaft mit Thomas und Sophie ein. Das trägt auch dazu bei, dass der Film nur wunderbare 100 Minuten geht und sich entgegen dem Mainstream richtet, nichts unter zwei Stunden zu produzieren.
“Good Grief” auf Netflix: Lust auf eine Runde Weinen – existenzielle Krise inklusive?
Marc trauert – doch finanzielle Probleme, die viele Menschen nach dem Verlust eines Menschen haben, hat er durch den Erfolg seines Mannes nicht. Der Film kann sich deswegen mit den existenziellen und philosophischen Problemen rund um Trauer auseinandersetzten, und Marc muss nicht darüber nachdenken, wie er die Miete bezahlt. Ab wann sucht man nach einer neuen Liebe? Was passiert, wenn man seinen Mann gar nicht so gut kennt, wie man dachte? Und wie wird man wieder seine eigene Person?
Oftmals schauen wir Filme, um eine gewisse Katharsis zu erlangen. Wir schlüpfen in die Rolle der Figuren und erleben Dinge auf eine andere Art und Weise. Dabei können wir weinen, lachen und uns ärgern – und am Ende diese Gefühle wieder loslassen. “Good Grief” gibt uns genau diese Möglichkeit: zu weinen, wenn Oliver stirbt; uns zu ärgern, wenn wir lesen, was in der Weihnachtskarte steht; zu lachen, wenn Emma Corrin schlechte Performance Art aufführt; und uns zu fragen, ob unser Leben wirklich so chaotisch sein muss, wie es gerade ist.
Mein Lieblingsmoment ist – neben den “Water Lillies” von Monet – die Realisation, dass, obwohl unsere Leben unglaublich chaotisch sind, wir uns manchmal etwas mehr anstrengen können. “So bin ich eben – chaotisch”, ist nicht die allgemeingültige Ausrede, für die wir sie halten. “Good Grief” ist keine Romcom, in der man ein Problem hat, das sich mit guten Freund:innen einfach weglachen lässt. Manchmal muss man genau da hinschauen, wo es wehtut, und trotzdem weiter versuchen, Hoffnung und Liebe zu finden.
Mehr lesen
“In ewiger Schuld”-Ende erklärt: Das bedeutet dieser große Plot Twist am Ende der Netflix-Serie wirklich
Von Hannah Madlener
Mehr lesen
“Foe” auf Amazon Prime Video: Darum geht’s im Zukunftsthriller mit Saoirse Ronan und Paul Mescal – und so lässt sich das Ende erklären
Von Fiona Ward
Mehr lesen
“Berlin” auf Netflix: Lohnt sich das “Haus des Geldes”-Spin-off?
Von Hannah Madlener