Parkinson-Erkrankung stoppen: Ein Diabetes-Medikament macht jetzt Hoffnung – „wäre eine Sensation“ (2024)

  1. ruhr24
  2. Welt

Stand:

Von: Ulrike Hagen

Neue Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass ein Diabetes-Medikament möglicherweise das Fortschreiten der Parkinson-Krankheit stoppen könnte.

Toulouse – Parkinson ist nach Alzheimer die zweithäufigste neurodegenerative chronische Erkrankung, so die Deutsche Gesellschaft für Parkinson und Bewegungsstörungen (DPG). Etwa 400.000 Menschen in Deutschland sind davon betroffen. Doch nun machen Studien-Ergebnisse Hoffnung, dass ein neues Medikament die Krankheit effektiv ausbremsen könnte. Ein Wirkstoff zur Diabetes-Behandlung soll womöglich auch bei Parkinson helfen – so das Fazit einer im April 2024 veröffentlichten Forschungsarbeit.

Studie macht Hoffnung: Diabetes-Medikament bremst Parkinson aus

Die Wirksamkeit von Diabetes-Medikamenten bei Parkinson wird schon länger erforscht. Doch die im New England Journal of Medicine veröffentlichte klinische Studie unter der Leitung von Olivier Rascol vom Universitätsklinikum Toulouse und Wassilios Meissner vom Universitätsklinikum Bordeaux, ist die erste, die Anzeichen für eine tatsächliche Wirkung liefert. Untersucht wurde der Wirkstoff Lixisenatid bei Parkinson-Patientinnen und -Patienten.

Es stellte sich heraus, dass Lixisenatid das Fortschreiten der Symptome in einem geringen, aber signifikanten Umfang verlangsamt: Die Teilnehmenden, die den Wirkstoff erhielten, zeigten nach zwölf Monaten keine Verschlechterung ihrer Symptome, im Gegensatz zur Placebo-Gruppe. „Ließe sich Parkinson mit dieser Klasse von Medikamenten einfrieren, wäre das natürlich eine Sensation“, sagte Joseph Claßen, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Parkinson und Bewegungsstörungen gegenüber IPPEN.MEDIA. „Es müssen jedoch weitere Studien folgen, unter anderem um zu klären, wie sich die Wirkung über mehrere Jahre hinweg entwickelt“, so Claßen.

Parkinson-Erkrankung stoppen: Ein Diabetes-Medikament macht jetzt Hoffnung – „wäre eine Sensation“ (1)

Diabetes-Medikament bremst Parkinson aus – keine Verschlechterung der Symptome

Die Studie, an der 156 Personen mit leichten bis mittelschweren Parkinson-Symptomen teilnahmen, ergab, dass diejenigen, die über ein Jahr Lixisenatid – allerdings unter Beibehaltung der laufenden Medikation – erhielten, keine Verschlechterung ihrer Symptome zeigten – im Gegensatz zu denjenigen in der Placebo-Gruppe. Allerdings beeinträchtigten bei vielen Personen, die das Medikament einnahmen, Nebenwirkungen wie Übelkeit und Erbrechen die Gesundheit.

Symptome von Morbus Parkinson entwickeln sich oft schleichend:

  • Empfindungsstörungen wie Schmerz, Geruchsverlust, Kribbeln und Taubheitsgefühl
  • Psychische Erkrankungen wie depressive Zustände, Ängste und Impulskontrollstörungen
  • Zunehmende Vergesslichkeit und Gedächtnislücken
  • Schlafprobleme und Tagesmüdigkeit
  • Magen-Darm-Störungen
  • Blasenfunktionsstörungen
  • Sexuelle Beschwerden

Erfolg nachgewiesen, aber Wirkprinzip von Diabetes-Wirkstoff bei Parkinson noch unklar

Die genaue Wirkungsweise von Diabetes-Medikamenten bei Parkinson ist noch nicht vollständig verstanden. Es wird vermutet, dass der Wirkstoff Lixisenatid, ein GLP-1-Rezeptoragonist, Entzündungen reduziert, was möglicherweise zur Verbesserung der Symptome beiträgt.

Die Ergebnisse sind sehr wichtig. Ließe sich Parkinson mit dieser Klasse von Medikamenten einfrieren, wäre das natürlich eine Sensation.

Wirkstoff wie bei Abnehmspritze: Diabetes-Medikament soll auch bei Parkinson helfen

Der Wirkstoff gehört zur großen Gruppe ähnlicher Substanzen, die in letzter Zeit auch in „Abnehmspritzen“ (Semaglutid) zur Behandlung von Fettleibigkeit verwendet werden.

Parkinson beginnt oft mit subtilen Anzeichen wie Schlafstörungen und Riechstörungen. Im weiteren Verlauf treten Symptome wie Zittern, Steifheit der Muskeln und verlangsamte Bewegungen und Parkinson-Demenz auf. Die Behandlung erfolgt individuell und kann Medikamente, Physiotherapie und in einigen Fällen sogar chirurgische Eingriffe umfassen. Im Laborversuch wirkten auch Substanzen im Espresso gegen Parkinson, genauer gesagt, gegen typische Prozesse neurodegenerativer Erkrankungen.

„Wäre natürlich eine Sensation“: Experten vorsichtig begeistert über Parkinson-Studie

Joseph Claßen betont die Bedeutung dieser Entdeckung: „Die Ergebnisse sind sehr wichtig, jedoch ist die Studiendauer zu kurz, um die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit sicher nachzuweisen.“

Obwohl Parkinson bisher nicht heilbar ist, kann die Krankheit mit geeigneten Behandlungsmethoden oft über Jahre hinweg gut kontrolliert werden, wie das Deutsche Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen e. V. (DZNE) erklärt. Die medikamentöse Therapie spielt dabei eine entscheidende Rolle, aber auch körperliche Aktivität, wie Sport, kann dazu beitragen, den Krankheitsverlauf zu verlangsamen.

Forschende verfolgen die Verbindung zwischen Parkinson und Diabetes

Schon seit längerem gibt es Hinweise darauf, dass Typ-2-Diabetes und einige neurodegenerative Erkrankungen wie Parkinson ähnliche Signalwege im Körper aufweisen. Studien legen nahe, dass nicht nur Leber- und Muskelzellen, sondern auch Neuronen schlecht auf Insulin reagieren können, das an Gedächtnisprozessen beteiligt ist. Dies könnte erklären, warum Menschen mit Typ-2-Diabetes ein erhöhtes Risiko für Alzheimer haben.

Eine Studie aus dem Jahr 2017, deutete bereits darauf hin, dass der Wirkstoff Exenatid, ein weiteres Medikament zur Behandlung von Diabetes, möglicherweise auch den Fortschritt von Parkinson verlangsamen kann – wenn auch nur in geringem Maße. „Wir erwarten mit Spannung zum Winter hin die Ergebnisse einer umfangreichen klinischen Studie, die die Auswirkungen einer zweijährigen Behandlung mit Exenatid bei Menschen mit Parkinson untersucht“, erklärte Claßen im Gespräch.

In Studien aus Florida und Taiwan von Anfang 2023 berichteten Forschende, dass Metformin, ein Diabetes-Medikament, bei einigen Patientinnen und Patienten eine schützende Wirkung gegen die Entwicklung von Demenz haben könnte.

Experte betont: Studien nötig, um Langzeitwirkung von Diabetes-Wirkstoff zu klären

„Es müssen weitere Studien folgen, unter anderem um zu klären, wie sich die Wirkung von Lixisenati über mehrere Jahre hinweg entwickelt“, sagte Claßen. „Wissenschaftlich interessant sind auch die in der aktuellen Studie nicht untersuchten Fragen, ob GLP-1-Medikamente vor dem Verlust von Dopamin-produzierenden Neuronen schützen und vielleicht den Ausbruch von Parkinson verhindern können.“ Diese Erkenntnisse könnten entscheidend sein, da Parkinson bisher nicht ursächlich behandelt werden kann.

Dieser Beitrag beinhaltet lediglich allgemeine Informationen zum jeweiligen Gesundheitsthema und dient damit nicht der Selbstdiagnose, -behandlung oder -medikation. Er ersetzt keinesfalls den Arztbesuch. Individuelle Fragen zu Krankheitsbildern dürfen von unserer Redaktion nicht beantwortet werden.

Auch interessant

Parkinson-Erkrankung stoppen: Ein Diabetes-Medikament macht jetzt Hoffnung – „wäre eine Sensation“ (2024)
Top Articles
Latest Posts
Article information

Author: Arielle Torp

Last Updated:

Views: 5555

Rating: 4 / 5 (61 voted)

Reviews: 84% of readers found this page helpful

Author information

Name: Arielle Torp

Birthday: 1997-09-20

Address: 87313 Erdman Vista, North Dustinborough, WA 37563

Phone: +97216742823598

Job: Central Technology Officer

Hobby: Taekwondo, Macrame, Foreign language learning, Kite flying, Cooking, Skiing, Computer programming

Introduction: My name is Arielle Torp, I am a comfortable, kind, zealous, lovely, jolly, colorful, adventurous person who loves writing and wants to share my knowledge and understanding with you.